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Ehrliches Mitteilen als Schlüssel für Augenhöhe

Karin Estermann | Mo, 01. Dezember 2025 | Führung

Wer kennt das nicht? Wir investieren Zeit und entwickeln eine durchdachte Lösung – doch statt Zustimmung oder Anerkennung begegnen uns kritische Rückfragen, Widerstand oder sogar eine klare Absage. Oder wir einigen uns auf einen Kompromiss und ärgern uns später, weil genau das eingetroffen ist, was wir insgeheim befürchtet haben. Was steckt hinter diesen beiden Verhaltensmustern?

Selbständige Menschen verpassen oft den zielführenden Weg, wenn sie sich pflichtbewusst und vorschnell in die Arbeit stürzen und allein über Lösungen nachdenken. Eigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein, Selbständigkeit und Autonomie haben sie erfolgreich gemacht – doch einseitig gelebt, können genau diese Stärken zum Stolperstein werden. Anpassungsfähige Menschen hingegen verlieren den zielführenden Weg, wenn sie sich selbst nicht genügend vertrauen und die Chance verstreichen lassen, für ihre Ideen, Vorstellungen und Bedürfnisse einzustehen. Ihr harmonisches Verhalten sorgt zwar für eine gute Integration, doch sie nehmen dadurch nur wenig Einfluss.

Der Hintergrund:
Die Tendenz von Menschen zu Autonomie oder Anpassung

Die folgenden Gedanken von Gopal Norbert Klein* helfen, diesen Zusammenhang besser zu verstehen: Menschen fühlen sich dann wohl, wenn sie die Sicherheit sozialer Beziehungen in einem guten Verhältnis mit eigenständigem und autonomem Handeln verbinden können. Unter Druck verlieren viele jedoch diese Balance. Wir neigen dann – je nach persönlicher Prägung – stärker zu Autonomie oder zu Anpassung. Wird es uns in unserer bevorzugten Tendenz zu viel, schlägt das Pendel häufig in die entgegengesetzte Richtung aus. Dieses Entweder-Oder in Bezug auf Autonomie und Anpassung stellt uns immer mal wieder ein Bein.

Menschen gehen mit unstimmigen Situationen ganz unterschiedlich um. Einige sagen beispielsweise sofort, was ihnen nicht passt, und ziehen sich zurück, um keine Kompromisse eingehen zu müssen. Andere sagen lange nicht, was sie stört, und am Tag X verschaffen sie sich wütend Luft oder brechen den Kontakt abrupt ab. Wieder andere machen der Beziehung zuliebe gute Miene zum bösen Spiel, fühlen sich als Opfer der Umstände und beginnen zu kritisieren, zu jammern oder zu sticheln – je nach Typ. Alle drei Reaktionsmuster sind unbefriedigend, denn keines ermöglicht eine stimmige Verbindung von persönlicher Autonomie und echter Verbundenheit. Stattdessen müssen wir jeweils eines zugunsten des anderen opfern.

Das Ideal:
Selbständigkeit auf dem Fundament stabiler Beziehungen

Ideal ist eine Autonomie, die wir in einer stabilen und vertrauensvollen Verbindung erleben können. Das bedeutet: Die Beziehung zum Gegenüber ist geprägt von Vertrauen und Verlässlichkeit und bietet zugleich Raum für selbständiges und autonomes Handeln. Vertrauensvolle Beziehungen entstehen durch einen offenen, ehrlichen und wertschätzenden Dialog auf Augenhöhe. Damit dies im Alltag gelingt, brauchen wir drei zentrale Grundkompetenzen:

1. Eigene Bedürfnisse, Gefühle und Grenzen wahrnehmen
2. Diese auf eine gute Art kommunizieren
3. Bedürfnisse und Grenzen anderer erkennen, verstehen und respektieren

Die Lösung: Ehrliches Mitteilen
Im ersten Schritt geht es darum, den Austausch zu suchen, mutig die eigenen Bedürfnisse anzusprechen und ebenso die Bedürfnisse des Gegenübers abzuholen – statt vorschnell Lösungen zu präsentieren. Kürzlich habe ich einer Kundin offen gesagt, welche persönlichen Befürchtugnen ich bei der Umsetzung ihrer Seminar-Ideen hatte. Sie verstand das sofort, und wir fanden in kurzer Zeit eine tragfähige Lösung, die alle Bedürfnisse berücksichtigte. Dieses ehrliche Gespräch hat uns beide inspiriert und das gegenseitige Vertrauen enorm gestärkt. Das Seminar wurde schließlich ein voller Erfolg, und die Rückmeldungen waren überaus positiv.

Der Unterschied ist frappant: Das ehrliche Mitteilen hat nicht nur die Qualität des Seminars deutlich erhöht, sondern auch die Verbindung und Nähe zur Kundin gestärkt. Früher hätte ich vermutlich eher für mein eigenes Konzept argumentiert, anstatt einfach ehrlich mein Gefühl mitzuteilen und darauf zu vertrauen, dass aus dieser Ehrlichkeit heraus eine gute Lösung entstehen kann. 

Die Herausforderung liegt darin, dass wir beim ehrlichen Mitteilen unser Bedürfnis nach Kontrolle aufgeben müssen. Hand aufs Herz: Haben wir das Leben wirklich so stark unter Kontrolle, wie uns unser Verstand weis machen will?

Ehrliches Mitteilen braucht den Mut,
die Kontrolle für einen Moment aufzugeben und
auf die Dynamik einer echten Verbindung zu vertrauen.


Ehrliches Mitteilen in der Führung

Ehrliches Mitteilen ist auch ein Erfolgsfaktor für eine moderne Führungskultur. Führungskräfte mit einer Tendenz zur Anpassung haben oft Schwierigkeiten, Erwartungen klar zu formulieren, kritisches Feedback zu geben oder bei Bedarf klare Grenzen zu setzen. Führungskräfte mit einer Tendenz zur Autonomie hingegen tun sich eher schwer damit, andere Meinungen, Sichtweisen und Bedürfnisse in ihre Lösungsfindung zu integrieren. Für sie ist es besonders herausfordernd, Lösungen gemeinsam statt alleine zu erarbeiten.

Die folgenden bewährten Instrumente unserer Führungsausbildung unterstützen Führungskräfte in beiden Situationen. Wer sich getraut, dabei seine Gefühle ehrlich und konstruktiv auszudrücken, wird überrascht sein, wie einfach Nähe, Vertrauen und Augenhöhe entstehen kann.

Wirksame Kommunikation bei Tendenz zur Anpassung
Ziel: Erwartungen, kritisches Feedback und Grenzen auf konstruktive Weise kommunizieren und für sich selbst oder für das Unternehmen einstehen.

1. Positives Feedback
Wer regelmäßig lobt, erfährt bei negativem Feedback mehr Offenheit.
Beispiel: «Gratuliere – tolle Herleitung und überzeugend präsentiert. Ich bin beeindruckt.»

2. Negatives Feedback
Ehrliche Rückmeldungen der eigenen Wahrnehmung kombiniert mit einer lösungsorientierten Frage wirken zielführender als Vorwürfe oder Druck.
Beispiel: «Die Mitarbeitenden haben bereits sehr viele Überstunden geleistet, sind müde und einige laufen am Limit. Ich spüre, wie die Stimmung sinkt, und befürchte, dass wir den Auftrag so bis Ende des Monats nicht hinkriegen. Was können wir unternehmen, um die Mitarbeitenden zu stärken?»

3. Grenzen setzen
Klare Grenzen kommunizieren, ohne den anderen anzugreifen, hilft, die Werte im Team zu wahren.
Beispiel: «Wir sind in Verzug. Gleichzeitig habe ich dich mehrmals für längere Zeit am Handy gesehen. Das hat mich enttäuscht. – Uns ist der Wert Fairness sehr wichtig, und deshalb akzeptieren wir dieses Verhalten nicht. Wir erwarten von allen Mitarbeitenden, dass sie private Angelegenheiten in den Pausen erledigen. Was unternimmst du, damit dir das gelingt?»

Wirksame Kommunikation bei Tendenz zur Autonomie
Ziel: Andere Meinungen, Sichtweisen und Bedürfnisse bewusst einholen und die gemeinsame Lösungsfindung fördern.

1. Coachen
Wenn Mitarbeitende die Lösung selbst erarbeiten, ist das effektiver, als wenn wir sie vorgeben. Der Ausdruck meiner Sorgen schafft Klarheit und die offene Fragen unterstützen den Lernprozess.
Beispiel: «Ich befürchte, dass wir die Deadine verpassen könnten. Was bereitet dir am meisten Sorgen?»... «Was verzögert die Montage?» ... «Was können wir diesbezüglich unternehmen?»

2. Teamlernen
Echtes Interesse an anderen Meinungen fördert das Lernen und stärkt die Teamdynamik.
Beispiel: «Bei Montagevariante B mache ich mir sorgen um die Präzision. Aus welchem Grund bevorzugt ihr die Variante B?» ... «Wie stellt ihr sicher, dass X präzise auf Y passt?» ... «Welche Möglichkeiten bestehen, die Vorteile der Varianten A und B zu kombinieren?»

Damit wir uns auch unter Druck ehrlich mitteilen und auf Augenhöhe bleiben können, brauchen wir ein hohes Bewusstsein, Selbstverantwortung und regelmäßiges Training. Diese Kommunikationskompetenzen trainieren wir seit Jahren sehr erfolgreich im Lehrgang KMU-Führungskompetenz. Auch erfahrene Führungskräfte berichten regelmäßig, dass sie dank unserer Kurse sowohl beruflich als auch privat leichter und erfolgreicher mit Menschen arbeiten und Ziele erreichen können. 

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